Beitragende

Montag, 25. April 2011

Respekt und Karate

Respekt ist die Basis eines sozialen Miteinander und den sollte man jedem Wesen zollen.
Beim Karate wird Respekt sehr groß geschrieben. Prinzipiell erlerne ich beim Training, wie ich meinen Körper als Waffe einsetzen kann. Eine Waffe, die immer verfügbar ist und die mir niemand abnehmen kann. Ohne gegenseitigen Respekt wird dies zum unkalkulierbarem Risiko. Ich muss mich darauf verlassen können, dass mein Trainingspartner, auch wenn er einige Gurte über mir steht, mich nicht zu handlichen Stücken verarbeitet. Respekt ist die Basis von Vertrauen.
Schon bei meiner ersten Begegnung mit der Kampfkunst lernte ich, dass an vielen Stellen im Training Respekt demonstrativ praktiziert wird. Es beginnt schon beim Betreten der Halle. Ich verbeuge mich und zolle damit dem Ort und den Menschen meinen Respekt. Es hat eine Weile gedauert, bis ich diese Verbeugung bewusst für mich wahrgenommen habe. Mittlerweile ist es mir sehr wichtig diesen Punkt bewusst zu Erleben. "Hallo, hier bin ich und ich werde mich in den nächsten 1,5 h den Regeln meines Trainers und des Dojos bewusst und diszipliniert unterwerfen." In meinem Dojo gibt man sich zur Begrüßung die Hand. Gerade dieser Punkt fiel mir am Anfang unglaublich schwer, da ich das unter vermeintlich Fremden normalerweise nicht mache und sogar ablehnen. Aber ich mache es und mittlerweile sperre ich mich innerlich auch nicht mehr dagegen. Es gehört eben zu den (ungeschriebenen) Regeln des Dojos, die ich respektiere. Meine persönliche Befindlichkeit hat an diesem Punkt rein gar nichts zu suchen. Es ist wichtig, dass man diese Begrüßung ernst meint und seinem Partner dabei in die Augen schaut. An letzterem muss ich noch arbeiten.
Das Training beginnt, in dem man sich der Graduierung nach auf einer Linie aufstellt und dann nacheinander erst in die Hocke geht und sich dann auf die Unterschenkel setzt. Damit beginnt das Begrüßungsritual, dass zunächst einen Augenblick der Stille und das anschließende Respekt zollen gegenüber dem Trainer beinhaltet. Dann beginnt das Training. In den nächsten 1,5 h gibt es nur einen, der sagt, wo es lang geht, mein Trainer. Ich musste lernen, dass ich mit einem Trainer arbeiten kann, indem ich nur die grundlegende Regel beherrsche, ihn zu respektieren. Selbst wenn es sich hier um eine Person handelt, mit der ich menschlich wahrscheinlich niemals einen Basis finden würde, in der Halle ist vieles möglich. Wir müssen keine Freunde werden und wir müssen auch niemals gemeinsam Zeit außerhalb des Trainings verbringen, aber wir können uns respektieren und vernünftig miteinander umgehen. Diese Einsicht hat bei mir lange gedauert. Ich habe mich innerlich gegen meinen Trainer gesperrt und mir dadurch zu Beginn die Möglichkeit versagt, zu lernen und mich weiterzuentwickeln. Ich habe sogar ein ganzes Jahr lang auf eine Trainingseinheit mit der Ausrede verzichtet, das mir einige Leute dort nicht in den Kram passen. Es war ein mehr oder weniger sanfter Stoß meiner Freundin notwendig um einzusehen, dass nicht sie das Problem waren, sondern ich.
Beim Training ist es wichtig, dass ich die individuellen Möglichkeiten des Anderen respektiere. Ein Trainingspartner, der körperlich eingeschränkt ist trainiert anders als jemand, der es nicht ist. Wenn ich wählen könnte, dann würde ich mir einen Trainingspartner suchen, von dem ich technisch etwas lernen kann oder der mir zumindest ebenbürtig ist. Aber auch von einem schwächeren Gegner kann ich viel lernen, allerdings auf einer anderen Ebene. Hier lerne ich hautnah, was Respekt ist und wie ich ihm meinem Gegenüber zeigen kann.
Oft wird meine Technik im Training kritisiert und es wird mir gezeigt, wie ich etwas besser machen kann. Wichtig ist zu begreifen, dass die Technik kritisiert wird und nicht meine Person. Diese Kritik gibt mir die Möglichkeit mich weiterzuentwickeln. Das setzt allerdings voraus, dass ich bereit bin diese anzunehmen. Es hat keinen Sinn, sich innerlich dagegen zu sperren, denn wieder versage ich mir die Chance, mich weiterzuentwickeln. Ich zolle meinem Trainer Respekt, indem ich augenblicklich versuche, die Kritik konstruktiv umzusetzen. Auch wenn ich der Meinung bin, alles Richtig gemacht zu haben, der Trainer hat wesentlich mehr Erfahrung als ich, hat eine höhere Graduierung und kann in jedem Fall beurteilen, ob eine Technik richtig oder falsch praktiziert wurde. Mein persönliches Befinden, falscher Stolz oder Trotz wären hier vollkommen falsch.  Die Offenheit, etwas zu verbessern oder zu lernen bringt einen jetzt wesentlich weiter. Auch wenn einer meiner Trainer gerne sagt "Kaum macht man es richtig, funktioniert es auch", schwingt in diesem Satz niemals auch nur ein Hauch von Arroganz, Überheblichkeit oder Respektlosigkeit mit. Ganz im Gegenteil. Er ist ein Lehrer, der seinen Auftrag sehr ernst nimmt. Er ist bereit, sein großes Wissen mit uns zu teilen und uns zu unterrichten.
Das Einzige, was wir tun müssen ist, uns geistig zu öffnen und es zuzulassen.

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