Beitragende

Dienstag, 29. November 2011

Realtität ins SV-Training bringen - wie soll denn das gehen?

Nachdem ich im Training neulich auf einen meiner Blogartikel angesprochen wurde (ich weiß nicht genau, war es dieser hier?), möchte ich noch mal etwas genauer darauf eingehen, wie ich mir vorstellen könnte, mehr Realität ins SV-Training zu bringen. Meine Vorschläge zielen dabei insbesondere auf die Karatekas ab, die schon Fortgeschritten in dem Thema sind.

Um es mal etwas provozierend zu sagen, meine ich mit Realität natürlich nicht, dass im Training jemand versuchen soll mir die Klamotten vom Leib zu reißen, wenn ich üben soll, einen Vergewaltigungsangriff abzuwehren.

Ich meine mit Realität eher, mehr Flexibilität in Angriff und Verteidigung zu bringen (das machen wir ja auch schon ab und zu) und vielleicht vom Angreifer auch mehr aggresives Verhalten an den Tag zu legen, um beim Verteidiger Stress / Angst zu erzeugen.

Wenn ich z.B. unseren Schwarzgurten beim Randori zuschaue, sieht das manchmal sehr ernst aus (Körpersprache, Gesichtsausdruck, usw.), so dass ich mit Sicherheit Angst hätte, wenn ich dort mitmachen sollte.

Sind wir beim SV-Training, halten wir uns oft nett lächelnd gegenseitig die Faust vor die Nase. Also, in so einer Situation kann ich völlig tiefenentspannt abwehren, aber mit Realität hat das gar nichts zu tun.

Bitte nicht falsch verstehen, ich habe nicht gern Angst, aber ich sehe gerade in Bezug auf einen Kampf Angst als etwas Wichtiges und Natürliches an. Angst kann helfen eine Situation besser einzuschätzen und auch Respekt vor dem Gegner ist wichtig um sich nicht blauäugig auf einen Kampf einzulassen. Wichtig ist dabei aber, dass man seine Angst einigermaßen kontrollieren kann, bzw. dass man trotz Angst noch denken und handeln kann. Und das ist etwas, was man üben kann und sollte.

Also konkret stelle ich mir das so vor:
- Der Angreifer bricht seinen Angriff nicht nach einer Technik ab, sondern macht weiter und wehrt sich gegen den Konter
- Dem Angreifer wird der Angriff freigestellt
- Der Angreifer verfolgt das Ziel den Verteidiger zu Boden / unter Kontrolle zu bringen.
- Der Verteidiger verfolgt das Ziel sich zu verteidigen (entweder durch Flucht, oder durch sichern des Gegners am Boden)
- Mindestens der Angreifer legt eine Ernsthaftigkeit / Entschlossenheit / Agressivität (wie z.B. bei Kumite oder Randori) an den Tag.

Ich denke, dass das eine Bereicherung unseres sonstigen SV-Trainings sein könnte.

Sonntag, 27. November 2011

Ist spezielle Frauen-SV für mich sinnvoll?

Nachdem ich neulich in einem Artikel geschrieben hatte, wir sollten doch häufiger auch Techniken trainieren, die für Frauen interessant sind, haben diese Woche zufällig in zwei verschiedenen Trainings verschiedene Kampfsportler (alles zufälligerweise Männer) mit mir über Frauen-SV diskutiert.

Ich habe mir da vorher noch nie konkret Gedanken darüber gemacht, aber bisher ging ich davon aus, dass in speziellen Frauen-SV-Trainings eben speziell Angriffe geübt werden, mit denen sich Frauen eher konfrontiert sehen und dass bestimmte Abwehrtechniken geübt werden, die besonders gut funktionieren, wenn man kleiner (leichter und schwächer) ist.
Allerdings wird in diesen Trainings wohl auch ein besonderer Schwerpunkt darauf gelegt, den Frauen nahezubringen, dass es Grenzen gibt, die sie verteidigen dürfen und müssen und dass es in einem solchen Fall auch nicht mehr darum geht, dass frau ja eigentlich nett/lieb sein müsste und niemandem weh tun darf.
Scheinbar scheinen Frauen damit eher ein Problem zu haben als Männer (ob das tatsächlich so ist, oder ob Männer einfach gelernt haben, dass sie gefälligst das starke Geschlecht sein müssen, sei jetzt mal dahingestellt).

Als ich mir die verschiedenen Beispiele / Ansätze für solche Trainings angehört habe, war meine erste Reaktion: So etwas brauche ich nicht. Ich weiß, was ich will; ich weiß, wo meine Grenzen (in Abhängigkeit von meinem Gegenüber) sind; ich habe mich schon vor vielen Jahren entschieden, was passieren würde, sollten diese Grenzen überschritten werden.

Aber dann brachte mein Trainer ein Beispiel, welches mich dann doch nachdenklich gemacht hat, obwohl es eigentlich dazu gedacht war eine Regel zu verdeutlichen.
Es ging darum, dass meine Grenze bei einem Fremden wohl Körperkontakt wäre, wie z.B. wenn jemand mir den Arm um die Schultern legen würde. Klar, stellt man sich einen bedrohlichen Kotzbrocken vor, der einem den Arm um die Schultern legt, ist die Situation eindeutig.

Aber trotzdem ist das nicht so einfach. Wenn ich in meiner Partyzeit jeden, der mir unerwarteterweise um den Hals gefallen ist, barsch zurückgewiesen hätte, wäre mein Freundeskreis wahrscheinlich rasch geschrumpft und der Spaßfaktor an solchen Abenden hätte deutlich gelitten.
Was ich damit meine, und das ist es auch, was Selbstverteidigung für Frauen so speziell macht, ist, dass vor einer Vergewaltigung oft eine Kontaktaufnahme stattfindet. Und es durchaus sein könnte, dass derjenige sich charmant in den privaten Bereich drängt, so dass es für die Frau schwer sein könnte zu entscheiden, wo für sie selbst beim aktuellen Gegenüber die Grenze eigentlich liegt. Ist sie beim "ich geb dir einen Drink aus", "beim Arm um die Schulter legen", bei der anhänglichen Tanznummer, usw.?
Aus Kampfsicht betrachtet, ist ein Arm um die Schultern für den "Angreifer" ja schon die halbe Miete, von da ist man schneller am Boden, als man "Piep" sagen kann.

Deshalb bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass, wenn man als SV-Fortgeschrittene in eine SV-Situation kommt, dann ist es eine Situation, die man vorher nicht vorhergesehen hat - der Angreifer also schon ziemlich gut (getarnt) ist (denn ich denke, dass wir Kampfsportler mit unserem Bauchgefühl+Aufmerksamkeit / Zanshin alle schon ganz gut dabei sind). Und die Situation war deshalb nicht vorherzusehen, weil sie sich als harmlose Nähe angebahnt hat. Wenn aus der harmlosen Nähe so ernste Bedrängung wird, dass man sich ernsthaft bedroht fühlt, sind die Chancen gut, dass man sich bereits in einer blöden Lage befindet, aus der man nicht oder nur schlecht fliehen kann (allein, am Boden, in eine Ecke gedrängt, o.ä.). Entscheidet frau sich dann erst mal dazu, zu deeskalieren, oder sanft Grenzen zu setzen, weil sie sich noch nicht sicher ist, was denn eigentlich grad los ist, wird die Lage sicherlich noch unglücklicher. (Meiner Meinung nach funktioniert sanftes Abwehren, wie zurückschieben, wegdrücken, "Ausreden suchen" eher schlecht, wenn der andere eh nicht zugänglich ist. Ist er auch noch stärker, bringt das alles gar nichts - außer Kraftverschwendung für die Frau.)

Das ist der große Unterschied zur Selbstverteidung bei Männern: Ich denke, als Mann wird man eher mit aggressiven Situationen, bei denen der Angreifer noch eine gewisse Distanz hat, konfrontiert sein, anstatt mit einer sich schleichend anbahnenden Bedrohung.

So, worauf wollte ich jetzt hinaus?
1. Für mich persönlich halte ich spezielle Frauen-SV-Trainings für eher unnötig, da ich mich schon zu den Fortgeschrittenen zähle und "den ganzen Psychokram" schon ganz gut verinnerlicht habe.
2. Ich trainiere gern mit Männern (weil ich eh viel mit Männern zu tun habe, weil es realistischer ist und weil ich Herausforderungen mag), deshalb würde mich ein Frauen-SV-Training eh nicht so reizen.
3. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr unterscheiden sich trotzdem SV-Situationen für Männer und Frauen und zwar nicht nur durch die Techniken.
4. Für unser normales SV-Training würde ich mir, glaube ich, wünschen, dass wir mit derselben Selbstverständlichkeit zwischendurch immer mal wieder auch frauentypische Angriffe üben wie männertypische Angriffe (machen wir ja auch schon, mir fehlt manchmal noch die Selbstverständlichkeit). Man braucht da gar kein großes Ding draus zu machen, ich denke es ist (gerade für die Männer) einfach immer erst mal ungewohnt, aber eigentlich ist es doch nur eine Erweiterung des SV-Portfolios :-)

Montag, 21. November 2011

Karate? Hat man da nicht im Training die ganze Zeit Schmerzen?

Diese Frage wurde mir vor ein paar Tagen gestellt. Die kurze Antwort lautet nein.
Allerdings habe ich mir damals vor meinem ersten Training ebenfalls diese Frage gestellt und hatte auch Angst, dass Kampfsporttraining ganz automatisch bedeutet, dass man verprügelt wird.
Deshalb möchte ich etwas weiter ausholen.

Grundsätzlich dauert es viele Jahre bis man in der Graduierung so weit ist, dass ein "freier Kampf" im Trainingsplan steht. Und auch hier gibt es Regeln und das Ziel ist es Punkte zu machen und nicht den Gegner umzuhauen. Also keine Panik!

Trotzdem gibt es natürlich keine Sportart bei der man komplette Schmerzfreiheit garantieren kann.
Was man beim Karate (oder sicher auch im Kampfsport allgemein) aber lernt, ist einzuschätzen, ob der Schmerz gerade signalisiert, dass ein ernsthaftes Problem vorliegt oder nicht.
Es gibt Techniken, die funkionieren über Schmerz und bei anderen kommt es bei Unachtsamkeit dazu, dass Knochen auf Knochen schlägt, das kann schon mal schmerzhaft sein.
Trotzdem kann man bei den meisten Schmerzen weitermachen, als wäre nichts (oder kaum etwas) passiert (es sei denn natürlich es liegt eine Verletzung vor).

Es gibt angeblich Studien, die besagen, dass Kampfsportler weniger schmerzempfindlich sind als andere Menschen. Ich glaube, dass Kampfsportler in erster Linie gelernt haben Schmerz anders zu bewerten und deswegen bei Schmerzen, die keine ernsthafte Verletzung bedeuten, nicht gleich mit Stress reagieren.
Dadurch scheint es, als wenn ihre Schmerztoleranz etwas höher liegt.

Außerdem kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich während des Trainings weniger Schmerz spüre. Wenn ich also eigentlich Schmerzen habe (aktuell z.B. eine Entzündung in den Beinen), spüre ich den Schmerz während des Trainings nicht oder nur gedämpft. Das funktioniert bei mir umso besser, je härter das Training ist. Allerdings hilft das dann natürlich nach dem Training oder in Trainingspausen nicht. Da ist der Schmerz dann schnell wieder zurück.
Dieses Phänomen lässt sich allerdings wissenschaftlich dadurch erklären, dass Schmerz generell bei Ablenkung schwächer empfunden wird und dass beim Sport Glückshormone ausgeschüttet werden, die ebenfalls schmerzlindernd wirken.

Grundsätzlich sei noch mal gesagt, dass das Training ein Miteinander und kein Gegeneinander ist und dass Schmerz aufgrund von Verletzungen beim Kampfsport meiner Einschätzung nach nicht häufiger auftritt als bei anderen Sportarten, vielleicht sogar seltener.


Nachtrag: Ironischerweise hatte ich nur wenige Stunden, nachdem ich diesen Artikel gepostet hatte, mal wieder eine sehr schmerzhafte Trainingserfahrung, bei der alle Glückshormone und Ablenkung nichts geholfen haben. Deshalb fühle ich mich dazu genötigt hier zu ergänzen, dass all das Training und die Erfahrung, und Hormone und Ablenkung wirklich nur dann weiterhelfen, wenn der Schmerz nicht einen gewissen Level übersteigt. In meiner persönlichen Skala von 0=keine Schmerzen und 10=wahnsinnige Schmerzen, wobei das höchste bisher von mir erlebte bei 8-9 war und ich bei 6-7 üblicherweise zu Schmerzmitteln greifen würde, helfen die genannten Faktoren bei Schmerzen (je nach Art) bis maximal 5-6.
Achso und keine Panik: Heute geht's wieder!

Mittwoch, 16. November 2011

Wie wasche ich einen Karate-Gi?

Als Blog-Autor bekomme ich von Blogger auch Statistiken zu den Zugriffen angezeigt. Einer der am meisten eingegebenen Suchbegriffe, durch die man über Google zu diesem Blog kommt, lautet "Gi waschen" oder "Karate-Gi waschen", etc.

Deshalb möchte ich das Geheimnis mal lüften:
1. Nach dem Training Karate-Gi gleich zum Trocknen aufhängen.
2. Zum Waschen ab damit in die Waschmaschine
3. Ist er nicht grob verschmutzt tut es das Standardprogramm bei 30°
4. Vor dem Aufhängen etwas in Form ziehen
5. Tocknen lassen
6. Fertig

Einzige Ausnahme - das erste Waschen nach dem Kauf. Ein Karate-Gi sollte immer eher eine Nummer zu groß gekauft werden. Dann kann man ihn einmal bei 60-90° waschen und er läuft in die perfekte Größe ein (sagt unser Trainer immer).
Ich habe das bis jetzt so gemacht und bin gut damit gefahren.

Achso, wenn ich schon grad dabei bin - sollte er immernoch zu groß sein, kann man auch die Arme oder Beine umschlagen, aber bitte nach innen, damit man sich beim Partnertraining nicht verletzt.

Theoretisch kann der Gi auch in den Trockner, allerdings läuft er dann noch mal ein Stück ein.

So, das wars eigentlich auch schon zu dem Thema. Falls jemand Fragen hat, dann bitte Fragen...

Dienstag, 15. November 2011

Verteidigung gegen Handfeuerwaffen

Sporadisch greifen wir im SV-Training auch mal das Thema Waffen (Messer oder auch Handfeuerwaffen) auf. Dabei geht es eigentlich darum dem Angreifer die Waffe zu entreißen und dann so weiter zu verfahren, wie bei einem anderen Angriff (also zu Boden bringen und z.B. fixieren oder weglaufen).

Heute möchte ich auf das Thema SV-Training bei Bedrohung durch Handfeuerwaffen eingehen. 
Unser Trainer sagt immer, dass wenn jemand einen wirklich erschießen will, dann hätte er es wohl schon getan und man hätte sowieso keine Chance gehabt. Wenn aber jemand vor einem steht und droht, will er wohl etwas anderes. Da er also in erster Linie nicht schießen will, hat man vielleicht doch eine kleine Chance. Trotzdem muss man natürlich abwägen. Ein Portemonaie ist leichter ersetzt als ein Leben.
Wenn wir eine Waffenabwehr üben, simulieren wir die Reaktion des "Abdrückens" indem der Angreifer "Peng!" sagt, sobald er sich selbst bedroht fühlt, um ein Gefühl dafür zu bekommen, ob die Abwehr schnell genug war, oder ob der Angreifer trotzdem noch rechtzeitig geschossen und getroffen hätte.

Vor ein paar Wochen hatte ich die Gelegenheit eine ungeladene Schreckschusspistole in der Hand zu haben. Es war ein Revolver. Alle die beim Bund waren oder regelmäßig in den Schützenverein gehen werden vielleicht lachen, aber ich hatte außer einmal im Vergnügungspark ein Luftgewehr und vor vielen Jahren im Ausland einmal eine Pistole noch nie eine Waffe in der Hand und getroffen dementsprechen auch noch nichts.
Als ich nun diese Schreckschusspistole in der Hand hatte, war ich zuerst einmal erstaunt, wie schwer sie war. In Krimis sieht man ja öfter mal, wie jemand mit einer Waffe in der Hand zuschlägt. Da hatte ich bisher immer gedacht: "Na und?". Aber wenn man so eine massive Waffe an den  Kopf bekommt, ist das bestimmt gar nicht so lustig.
Wie so ein Revolver halt ist, musste man am oberen Ende den Vorspannhebel zurückziehen um dann leichter abdrücken zu können. Ich war sehr erstaunt darüber, wie schwer das ging. Aber der "Knaller" kam dann erst. Ist so ein Ding erst mal vorgespannt, braucht man quasi nur an das Abziehen zu denken und schon macht's "Klick" oder eben "Bumm" je nachdem ob geladen oder nicht.
Das ist überhaupt nicht zu vergleichen mit der Reaktion, die man braucht um "Peng" zu sagen. Ich glaube hier machen wir uns im Training selbst was vor.

Entweder sollte man das so gar nicht mehr üben, oder wir müssten mal recherchieren, ob es nicht Trainingswaffen für so etwas gibt. Mit schwebt dabei z.B. eine Art Wasserpistole vor, die aber genauso leicht auslöst, wie eine vorgespannte Handfeuerwaffe. Dann könnten wir wirklich im Training sehen, ob der Verteidiger nun schnell genug war oder nicht.
Gibt es so etwas denn?

Davon abgesehen bin ich wirklich der Meinung, dass man in einer solchen Bedrohungssituation kaum eine Chance hat und dass es sehr gefährlich wäre, sich in so einem Moment zu überschätzen. Ich weiß nicht, ob es noch irgendwelche Wundertechniken gibt, um einer solchen Situation zu entgehen. Aber ich denke wirklich, dass hier alles andere, also kooperieren und deeskalieren vielversprechender ist. Zumindest könnte sich dadurch eine Situation ergeben, in der man dann wieder leichter eingreifen könnte.

PS: Kurz nach Fertigstellung dieses Artikels kam bei N24 eine Reportage über SV. Im letzten Teil ging es dort auch um die Abwehr einer Schusswaffe. Und die haben tatsächlich eine Trainingswaffe verwendet (auch wenn man sich damit bestimmt trotzdem leicht verletzen kann): (ab 1:40min)


Allerdings sieht man hier deutlich, dass auch dem Verteidiger der Umgang mit Waffen definitiv nicht fremd ist...

Freitag, 11. November 2011

Keine Lust zum Training und trotzdem einen tollen Abend gehabt

Gestern Abend war ich mal wieder hundemüde und total platt von einem anstrengendem Arbeitstag. Ich hätte aus dem Zug direkt ins Bett steigen können. Aber nein, es war Donnerstag und das heißt Sporttasche schultern und ab zur Halle. Unser eigentlicher Trainer ist zur Zeit leider krank, aber es stand schon am letzten Donnerstag fest, dass es ein Ersatztraining bei Mathias geben würde.
Auf dem Tiefpunkt meiner Motivation erreichte mich auch noch diese SMS von Sandra:
 "Raff dich auf - Bitte! Matze macht heute das Training. Das wird bestimmt spannend [...] Ich freue mich auf dich."
Sandra weiß mittlerweile genau, wie sie an meine Moral- und Wertevorstellung appellieren kann. Vor den erstaunten Augen meines Mannes packte ich entgegen alller Ankündigungen meine Sachen und schlich Richtung Halle. Die Botschaft war bei mir angekommen. Mathias opferte freiwillig seinen Feierabend, um uns zu trainieren. Er hatte sich sogar richtig Gedanken gemacht und ein Konzept erarbeitet. Es war ein überschaubarer Haufen von ca. 10 Leuten. Mathias hatte ich noch nie als Trainer erlebt, auch sonst wusste ich nur, dass er vor kurzen seinen 1. Dan gemacht hatte. Viel gesprochen hatte ich mit ihm noch nicht, kannte ihn also kaum.
Die nächsten 1,5 h habe ich nicht bereut. Er versuchte gar nicht erst Michael zu kopieren, sondern er war Mathias. Wir trainierten Schnelligkeit und Reaktion, danach Grundschule und Kata. Respektvoll gab er hier und da Tipps und Verbesserungsvorschläge. Nichts entging ihm, er schien überall mit seinen Augen zu sein. Am Ende brannten meine Füße und das wohlige, zufriedene Gefühl, sich richtig ausgepowert zu haben durchströmte meinen Körper. Ungläubig empfing mich mein Mann und fragte gleich, wer denn das geschafft hatte. Mathias war es. Ich weiß, wenn er das hier liest, wird er wahrscheinlich rot anlaufen, aber es war ein wirklich tolles Training.

Ich finde an unserem Sport immer wieder toll, dass ich die Möglichkeit habe, bei verschiedenen Leuten zu trainieren. Jeder ist anders, denkt anders, achtet auf andere Dinge, hat andere Schwerpunkte. So kann ich effektiv an mir arbeiten. Das ist der Grund warum ich gerne auf Lehrgänge gehe. Wir haben in unserem Verein >10 Danträger. Einige von ihnen durfte ich bereits als Trainer erleben. Neben Kyoshu-Michael, Torsten und dem Holzmichel steht nun auch Mathias auf meiner Liste. Und auch in vielen anderen steckt sicher auch eine Menge Trainerpotential. Ich würde es gerne sehen. Ich fände es toll, wenn ab und an mal jemand anders Training geben würde. Zusätzlich zu dem tollen Training, dass ohnehin angeboten wird. Eigentlich kann man davon nur profitieren. Natürlich ist mir klar, dass wir Karatekas im Verein ungewöhnlich viele Trainingseinheiten haben und das keine Luft für noch eine ist. Aber wenn ich mir etwas wünschen dürfte, wäre es, dass ich hin und wieder von der Hauptstraße in eine Nebenstraße abbiegen könnte und das mit dem guten Gefühl, dass ich jeder Zeit wieder in die Hauptstraße zurück kann. Auch Nebenstraßen halten manchmal interessante Überraschungen bereit, die es wert sind, entdeckt zu werden.

Mit diesen Worten geht ein großes Dankeschön an Mathias, für den freiwilligen Einsatz am Donnerstag und das tolle Training. 
Außerdem "Gute Besserung" an unseren Abteilungsleiter!