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Montag, 21. November 2011

Karate? Hat man da nicht im Training die ganze Zeit Schmerzen?

Diese Frage wurde mir vor ein paar Tagen gestellt. Die kurze Antwort lautet nein.
Allerdings habe ich mir damals vor meinem ersten Training ebenfalls diese Frage gestellt und hatte auch Angst, dass Kampfsporttraining ganz automatisch bedeutet, dass man verprügelt wird.
Deshalb möchte ich etwas weiter ausholen.

Grundsätzlich dauert es viele Jahre bis man in der Graduierung so weit ist, dass ein "freier Kampf" im Trainingsplan steht. Und auch hier gibt es Regeln und das Ziel ist es Punkte zu machen und nicht den Gegner umzuhauen. Also keine Panik!

Trotzdem gibt es natürlich keine Sportart bei der man komplette Schmerzfreiheit garantieren kann.
Was man beim Karate (oder sicher auch im Kampfsport allgemein) aber lernt, ist einzuschätzen, ob der Schmerz gerade signalisiert, dass ein ernsthaftes Problem vorliegt oder nicht.
Es gibt Techniken, die funkionieren über Schmerz und bei anderen kommt es bei Unachtsamkeit dazu, dass Knochen auf Knochen schlägt, das kann schon mal schmerzhaft sein.
Trotzdem kann man bei den meisten Schmerzen weitermachen, als wäre nichts (oder kaum etwas) passiert (es sei denn natürlich es liegt eine Verletzung vor).

Es gibt angeblich Studien, die besagen, dass Kampfsportler weniger schmerzempfindlich sind als andere Menschen. Ich glaube, dass Kampfsportler in erster Linie gelernt haben Schmerz anders zu bewerten und deswegen bei Schmerzen, die keine ernsthafte Verletzung bedeuten, nicht gleich mit Stress reagieren.
Dadurch scheint es, als wenn ihre Schmerztoleranz etwas höher liegt.

Außerdem kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ich während des Trainings weniger Schmerz spüre. Wenn ich also eigentlich Schmerzen habe (aktuell z.B. eine Entzündung in den Beinen), spüre ich den Schmerz während des Trainings nicht oder nur gedämpft. Das funktioniert bei mir umso besser, je härter das Training ist. Allerdings hilft das dann natürlich nach dem Training oder in Trainingspausen nicht. Da ist der Schmerz dann schnell wieder zurück.
Dieses Phänomen lässt sich allerdings wissenschaftlich dadurch erklären, dass Schmerz generell bei Ablenkung schwächer empfunden wird und dass beim Sport Glückshormone ausgeschüttet werden, die ebenfalls schmerzlindernd wirken.

Grundsätzlich sei noch mal gesagt, dass das Training ein Miteinander und kein Gegeneinander ist und dass Schmerz aufgrund von Verletzungen beim Kampfsport meiner Einschätzung nach nicht häufiger auftritt als bei anderen Sportarten, vielleicht sogar seltener.


Nachtrag: Ironischerweise hatte ich nur wenige Stunden, nachdem ich diesen Artikel gepostet hatte, mal wieder eine sehr schmerzhafte Trainingserfahrung, bei der alle Glückshormone und Ablenkung nichts geholfen haben. Deshalb fühle ich mich dazu genötigt hier zu ergänzen, dass all das Training und die Erfahrung, und Hormone und Ablenkung wirklich nur dann weiterhelfen, wenn der Schmerz nicht einen gewissen Level übersteigt. In meiner persönlichen Skala von 0=keine Schmerzen und 10=wahnsinnige Schmerzen, wobei das höchste bisher von mir erlebte bei 8-9 war und ich bei 6-7 üblicherweise zu Schmerzmitteln greifen würde, helfen die genannten Faktoren bei Schmerzen (je nach Art) bis maximal 5-6.
Achso und keine Panik: Heute geht's wieder!

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