Beitragende

Sonntag, 4. September 2011

Gute-Laune-Sport?

Donnerstag ging ich einigermaßen schlecht gelaunt zum Training. Ich hatte eine wirklich nervige Woche hinter mir, war gefrustet, unterfordert, demotiviert und hatte auch ein bisschen Selbstmitleid.
Als wir unsere Kyusho-Runde mit Stockkampf einleiteten, war ich erst mal abgelenkt. Aber als ich dann erstmalig einen Stock auf die Finger bekam und kurz darauf noch mal auf die gleiche Stelle, hatte ich bei den Folge-Stock-Techniken merklich Angst, so dass Michael mehrmals meine Technik korrigieren musste. Dass meine Angst die Technik verschlechterte, ärgerte mich nun zusätzlich.

Die SV-Techniken trainierte ich mit dem Eisbären. Als ich ihn zweimal auf die Matte befördert hatte und dann auch noch nebenbei ohne Ansage des Trainers eine ältere Kyusho-Technik an ihm ausprobierte, woraufhin er plötzlich wie von der Tarantel gestochen 1,5m von mir wegsprang (es war die Anti-Schwitzkasten-Technik), ging es mir zum ersten Mal besser!
Dann war die Kyusho-Runde vorbei und wir machten kurz Pause vor dem normalen Training und schon war die schlechte Laune zurück.
Trotzdem hatte ich ein nettes Gespräch mit einem einige Zeit verschollen gewesenen Orange-Gurt.

Ich wusste genau, welche Art des Trainings mich heute aus der Misere holen könnte, aber würden wir auch so trainieren?
Ich wünschte mir ein kurzes aber heftiges Basketballspiel mit vielen Körben und Liegestütz.
Ich wünschte mir Grundschultechniken, bei denen ich mich zu 100% konzentrieren musste. Ich wünschte mir jemanden, der mich anbrüllte und das letzte bisschen Kraft aus mir herausholte, während ich auf ein Schlagpolster oder einen gut bebauchmuskelten Karateka einschlug. Ich wünschte mir Krafttraining mit Situps und Liegestütz (die kann ich im Moment sowieso gebrauchen). Und ich wünschte mir zum Trainingsende, wenn ich sowieso kaum mehr gerade stehen konnte im Kiba-Dachi 50 Zukis mit Kiai zu machen, so dass der Kiai von uns allen die Halle zum Zittern bringen würde.
Kurzum: Ein Training nachdem Kopf und Körper fix und fertig ist!

Da aber noch nicht mal unser Sensei Michael in der Lage ist, vollständig Gedanken zu lesen - offensichtlich scheint es partiell ja zu klappen - kam es dann doch anders:
Wir waren zu viele Leute, so dass wir statt Basketball zum Aufwärmen Runden in der Halle laufen mussten. Nach der Grundschule machten wir eine Partnerübung mit Zukis, aber die bebauchmuskelten Michaels blieben unter sich - der große Blaugurt-Michael (von dem ich glaube ich noch nie geschrieben habe) spürte wohl meine Laune, sagte irgendetwas von Angst und ging zum anderen Blaugurt-Michael ;-) . Das frustrierte mich noch zusätzlich.
Meine Blaugurt-Partnerin konnte natürlich nichts dafür (falls ich etwas unbegeistert geschaut haben sollte - es tut mir leid, es hatte nichts mit dir zu tun) und natürlich habe ich meine Wut nicht an ihr ausgelassen - zumindest stand sie nach dem Training noch :-).
Bei einer SV-Technik (Befreiung aus einem Griff ums Handgelenk) wechselten wir vier Blaugurte dann einfach durch und ich war froh zwischendurch mit dem großen Blaugurt-Michael zu trainieren, denn der packte meine Hand wie ein Schraubstock und es war für mich wirklich eine Herausforderung da raus zu kommen.

Dann hieß es Schlagpolstertraining und für einen kurzen Moment war ich begeistert. Als es dann hieß „Wir machen ein Frauen- und ein Männer-Grüppchen“, war ich irritiert. In unsere Gruppe kamen die zwei nettesten männlichen Karatekas überhaupt. Immer zuvorkommend, immer lächelnd, selbst im Kumite.
Die beiden hielten abwechselnd das Schlagpolster und so kann ich einfach nicht beim Schlagen aus mir herauskommen und Aggressionen abbauen. Es geht einfach nicht, wenn ich dabei auch noch nett angelächelt werde.
Michael kam kurz vorbei und unterhielt sich mit mir. Dabei klagte ich ihm mein Leid der Woche.
Melanie wurde es irgendwann zu langweilig und tat das wie immer klar und deutlich kund. Michael überlegte kurz und ich nutze den Moment und sagte: „Ich brauche heute noch irgendwas mit Action!“
Wir machten noch mal eine SV-Technik (aus einer Umklammerung von hinten befreien). Ich übte das etwas ausgiebiger mit dem großen Blaugurt-Michael, bis er irgendwann zufrieden war mit meinen Konter-Empis.
Dann war das Training vorbei.

Als ich Abends ins Bett fiel, wunderte ich mich noch kurz vor dem Einschlafen darüber, dass irgendwann wohl meine schlechte Laune aufgehört haben musste. Ich hatte es noch nicht mal bemerkt und freute mich auf den nächsten Tag.




Was will ich nun mit diesem monströs langen Artikel sagen?
Karate macht glücklich, daran Schuld ist aber nicht nur Bewegung, Aggressionsabbau und Action sondern in großem Maß auch das Miteinander, die kleinen Gespräche am Rande und Partnertrainings mit Spaß und Augenzwinkern!




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