Beitragende

Montag, 30. Mai 2011

Rückenschule

Vor fünf Minuten bin ich vom Training nach Hause gekommen, habe mich mit Mühe und Not die Treppe hochgeschleppt und bin jetzt aufs Sofa geplumbst, wo zum Glück mein Notebook steht. Und so, wie ich mich fühle, werde ich wohl auch einige Zeit hier erst mal sitzen bleiben...

2 Stunden zuvor...
Heute holte mich Melanie zum Training ab und wir fuhren gemeinsam, gemütlich schnatternd zur Halle. Merkwürdigerweise waren wir heute nur wenig Leute (ich glaube zu sechst), wahrscheinlich war es den meisten einfach zu warm fürs Training.
Torsten kündigte an: Heute machen wir ein bisschen Grundschule und danach gemütlich Rückenschule. Das klang super! Ich habe nämlich noch Muskelkater vom Training am Samstag. "So ein bisschen Grundschule kann so schlimm ja nicht sein und Rückenschule ist ja für mich als Informatiker super", dachte ich mir.

Eine meiner Charakterschwächen ist Naivität...
Es ging los mit Grundschule und wir machten komplizierte Kombitechniken (z.B. Ren-Zuki vor  - Age-Uke zurück - Gjaku-Zuki - Uraken vor - Gjaku-Zuki, usw.). Dabei scheuchte er uns durch die Halle, so dass mir bald mal wieder der Schweiß aus den Haaren tropfte.
Gerade, als ich dachte, jetzt gibt es eine Pause, hieß es "Sandra, komm mal nach vorn, hier in die Mitte, mach mal deine Kata, du willst ja Prüfung machen..."
Mein Herz klopfte, ich war noch von den Grundschultechniken außer Atem, und atmete ein paar Mal tief durch um mich zu beruhigen. Ob das freie Training am Samstag etwas gebracht hatte?
Ich schloß kurz die Augen um mich zu sammeln. Alle beobachteten mich, dann grüßte ich an, sagte meine Kata an und los ging's. Im Kopf hatte ich: "Tief stehen, richtig stehen, denk an die Hüfte, mach beim Kreuzen der Hände nicht so ein Kuddelmuddel, los, den Tritt hoch genug. den Sprung ordentlich - Mist doch etwas das Gleichgewicht verloren, aber noch gerettet, so und jetzt die letzten Techniken, gleich ist es geschafft, nur die Arme nicht überdrehen und nicht zu schnell..." Schon war es geschafft. Ich war stolz auf mich, zum ersten Mal hatte ich unter Beobachtung die Kata flüssig geschafft!
Torsten hatte noch zwei kleine Anmerkungen und kündigte an, dass ich die Kata später noch mal machen sollte. Dann war Melanie dran.
Danach ging's gleich weiter mit Grundschule und ich redete mir die ganze Zeit ein: Nur noch ein bisschen, dann kannst du dich bei der Rückenschule entspannen...
Der zweite Durchlauf meiner Kata lief sogar noch besser, so dass ich jetzt endlich mal ein gute Gefühl habe und sehr erleichtert bin.

Dann ging es los mit der "Rückenschule". Torsten zitierte uns zur Hallenwand (die zum Glück mit Teppich gepolstert ist) und hatte dabei so ein Funkeln in den Augen, wie früher Michael, wenn der einen fiesen Tag hatte - so dass mir nun doch nichts Gutes schwante. Wir mussten uns mit dem Rücken an die Wand stellen und tief in die Knie runtergehen in den Kiba-Dachi. Das war nach 10 Sekunden schon so anstrengend und durch meinen Muskelkater schmerzhaft, dass ich schon die Zähne zusammen biss und die Augen zusammen kniff.
Aber das war noch nicht alles. Wir mussten so bleiben und dabei abwechselnd den linken und rechten Fuß anheben. Dabei zählten wir alle nacheinander bis zehn und Torsten ließ sich dabei extra Zeit. In mir stieg Trotz auf, ich kann es ja gar nicht ab, wenn ich bei soetwas Schwäche zeige(n muss), also ließ ich meinen Körper machen und stellte mir vor, ich wäre ganz weit weg.
Endlich waren wir durch, aber noch hatte Torsten nicht genug und sagte mit Genuss die nächste Technik an.
Als nächstes sollten wir mit den Füßen auf einer Bank und den Händen am Boden Liegestütz machen. Ich weiß gar nicht mehr wieviele, dann sollten wir die Hände dicht zusammen nehmen (zum Glück konnten wir nun die Knie auf den Boden tun) und weiter Liegestütz. Dann eine Übung, von der ich noch nie gehört hatte. Wir blieben im Liegestütz auf Knien und sollten mit der Nase zu einer Hand, dann am Boden zur anderen Hand, dann vor und dann zurück, dann wieder hoch und von vorn. Meine Muskeln brannten bereits und meine Hände kribbelten. Nach der dritten oder vierten Technik schaffte ich es nicht mehr mich hochzudrücken, meine Muskeln gehorchten mir einfach nicht mehr.
Als nächstes kamen diverse fiese Beinmuskeltechniken dran. Ich war nur froh, dass ich links und rechts neben mir auch Gefluche und Gestöhne hörte. Durch das Gefluche fühlte Torsten sich wohl noch angestachelt, wir machten mittlerweile eine Kombi-Technik Bein-Bauchmuskulatur. Mittlerweile hatte ich Schmerzen im ganzen Körper, aber aufgeben wollte ich auch nicht. Trotzdem blieb ich dann nach der letzten Technik einfach völlig fertig am Boden liegen und genoss die Entspannung der Muskeln, das Abklingen der Schmerzen und die Schwere, die einen nach solchen Übungen packt. Aber noch waren wir nicht durch.
Torsten scheuchte uns wieder auf. Als nächstes sollten wir uns auf so kleine Kisten legen (auf den Rücken). der Partner setzte sich auf die Beine auf der Kiste, und man lehnte sich mit dem Oberkörper zurück und machte dann quasi Situps in der Luft. Ekelhaft. Um nach der letzten Technik wieder hochzukommen, musste ich mich an meinen Hosenbeinen wieder hochziehen.
Ich kann mich gar nicht mehr erinnern, ob wir danach noch irgendwas gemacht haben. Irgendwann hatte es endlich ein Ende.
Völlig durchgeschwitzt, leicht zitternd, aber mit völliger Ruhe im Kopf, wankten wir aus der Halle und zogen uns in Zeitlupengeschwindigkeit um.
Jetzt sitze ich hier fertig auf dem Sofa, hoffe inständig, dass die nächsten Tage nicht zu schmerzhaft werden und ziehe als Lehre für mich aus dem heutigen Training: "Achtung, Rückenschule bei Torsten hat nichts mit Entspannung zu tun!"

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