Beitragende

Samstag, 25. Juni 2011

Angst und Selbstverteidigung - wie passt das zusammen?

Zur Abwechslung mal ein ernsteres Thema und bedauerlicherweise auch eines, für das ich nicht unbedingt Experte bin.
Neulich haben wir ein bisschen Abwehr von Messerangriffen trainiert. Als ich dann am Donnerstag zum Training kam, übte die Oberstufe grad das Gleiche. Ich beobachtete gespannt das Training. Das und ein anregendes Gespräch danach hat mich nachdenklich gemacht und mich beschäftigt im Moment folgende Frage:
Kann einem SV-Training überhaupt in einer bedrohlichen Gefahrensituation helfen? 

Stellen wir uns mal folgende Situation vor: Man ist irgendwo unterwegs, vielleicht sogar im Dunkeln und wird angesprochen. Vielleicht ist man schon gleich etwas misstrauisch, aber man ist ja höflich, antwortet kurz und irgendwie eskaliert das Ganze. Man hebt noch beschwichtigend die Hände und versucht klar zu machen, dass man auf keinen Fall Ärger will, aber der andere ist auf einmal wahnsinnig aggressiv, zieht plötzlich ein Messer und greift damit an, ohne groß vorher damit gedroht zu haben.
Im Dunkeln müsste man es überhaupt erst mal schaffen das Messer zu sehen. Ich stelle mir das so vor, dass alles so schnell geht, dass man kaum Zeit hat die Situation zu realisieren und zu reagieren. Vielleicht hebt man abwehrend die Hände, mit etwas Glück macht man einen Schritt zurück. Aber damit ist ja noch nichts geschafft. Vielleicht hat man durch die erste Abwehr schon erste Verletzungen erlitten.
Allerspätestens hier vermute ich, wird man „so von der Rolle“ sein, dass man kaum noch kontrolliert reagieren kann. Und gerade das ist extrem wichtig, wie ich selbst schon beim Bodenkampf-Training erkennen musste.
Hat man als „Opfer“ überhaupt eine Chance?
Ist die Chance größer, wenn man jahrelang Kampfsport und / oder Selbstverteidigung trainiert?

Ich persönlich kann mir vorstellen, dass jahrelanges, intensives Kampfsport und Selbstverteidigungs-Training hilft, in einer solchen Ausnahmesituation instinktiv besser zu reagieren, als jemand, der nie so etwas trainiert hat.
Möglicherweise hat man im Rahmen des jahrelangen Trainings auch die Abgeklärtheit gewonnen, besonnen zu reagieren. Aber ich würde einfach mal behaupten, dass das nur die Besten schaffen.

Ich bin mir sicher, dass es helfen würde solche Situationen möglichst realistisch zu trainieren, so dass der Verteidiger wirklich Angst verspürt, aber durch das Training auch lernt mit der Angst umzugehen.
Ich bin davon überzeugt, dass ich, wenn ich öfter Bodenkampf trainieren würde und zwar mit Gegnern, die mich einschüchtern, mich bald nicht mehr kopflos und panisch verteidigen würde. Aber wenn man zum ersten Mal mit so einer Situation konfrontiert ist, ist das Gehirn scheinbar einfach überfordert.
Dabei glaube ich, dass es zu Beginn auch nicht mit großem Aufwand verbunden sein müsste eine Stresssituation zu erzeugen. Ich merke immer wieder, dass mich ein mulmiges Gefühl beschleicht, wenn ich im SV-Training einen Respekt einflößenden Gegner habe. Wenn man jetzt im Training der Gegner / Partner statt einfach nur mit einem Schwinger anzugreifen, ein gewisses Aggressionspotential aufbaut, also z.B. schubst und wütend guckt, reicht das wahrscheinlich schon um zumindest mich aus der Fassung zu bringen.

Wozu macht man dann aber überhaupt einmalig stattfindende Selbstverteidigungskurse, wenn nur jahrelanges Training und / oder das Üben durch Konfrontation mit einer gefühlten Gefahrensituation helfen, bei einem Angriff gut zu reagieren?
Ohne, dass ich jemals einen einmaligen SV-Kurs mitgemacht habe, stelle ich mir vor, dass es für viele Menschen beeindruckend wäre zu lernen, was man selbst mit einfachen Mitteln schaffen kann. Das gibt Selbstvertrauen. Außerdem sollte in so einem Training natürlich auch über Deeskalation gesprochen werden. Noch wichtiger finde ich, dass man lernt auf sein Bauchgefühl zu hören um Situationen einzuschätzen. Auch dies sollte in solchen Kursen vermittelt werden. Ordnet das eigene Bauchgefühl eine Situation als merkwürdig ein, sollte man die Situation unverzüglich verlassen anstatt abzuwarten um herauszufinden, ob am Bauchgefühl etwas dran ist. Meistens kann man Konflikte schon vorher erkennen.

Tja, und nu? Im Alltag fühle ich mich nicht bedroht und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich in Zukunft mein SV-Training genauso wenig brauchen werde wie bis jetzt in der Vergangenheit. Trotzdem denke ich, dass gutes SV-Training aus vier Bausteinen bestehen sollte:
  1. Selbstvertrauen stärken (nicht wie ein Opfer wirken)
  2. Zanshin bzw. Lernen dem Bauchgefühl zu vertrauen (Gefahrensituationen erkennen und verlassen)
  3. Vermittlung und Üben von Abwehr- und Konter-Techniken (den Körper trainieren)
  4. Möglichst realitätsnah trainieren um zu Üben bei Angst kontrolliert zu reagieren (die Psyche trainieren)
Was meint Ihr? Würde das helfen?
Könntet ihr euch vorstellen, sich zum Trainieren auf Situationen einzulassen, in denen ihr Angst bekommt?

2 Kommentare:

  1. Im Moment ganz sicher noch nicht, weil die Art des Trainings selber in mir schon genug Angst und Unsicherheit hervorruft. Es fällt mir schwer, den Aspekt Realität in dieses Training zu projizieren und zu zu lassen, dass es mir vielleicht mal nützen könnte. Zur Zeit ist es eher noch ein Kampf gegen mich selbst. Aber ich weiß das, gehe dagegen bewusst an und versucge mich immer wieder dieser Angst auszusetzen, damit irgendwann die Angst und die Unsicherheit verschwindet und sich ein Gefühl von "Ich könnte mich bis zu einem gewissen Grad wehren" durchsetzt. Im Training kann man sagen, stopp, ich kann oder ich will nicht weiter gehen. In der Realität wird das nicht funktionieren.

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  2. cooler beitrag. zwecks inneres training kann ich selbstbewusstsein aufbauen empfehlen! gibt auch uebungen da die man in den alltag integrieren kann. kampftraining hat mir speziell enorm geholfen.

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