Beitragende

Montag, 13. Juni 2011

Pfingstlehrgang

Gestern war es dann so weit. Endlich war der Tag da, der Tag auf den ich die letzten Wochen hingearbeitet hatte. Ich würde mich der Kyu-Prüfung stellen. Ich fühlte mich gut vorbereitet, eigentlich dürfte nichts schief gehen, aber aufgeregt war ich definitiv.
Mit einem mulmigen Gefühl machte ich mich auf, um mich in Wolfenbüttel mit anderen Karatekas zu treffen um gemeinsam zum Pfingstlehrgang nach Hildesheim zu fahren.
Unterwegs traf ich auf Melanie, die mindestens so aufgeregt war wie ich. Aufgekratzt wie wir waren unterhielten wir den ganzen Bus auf der Fahrt, so dass ich zwischendurch richtig Mitleid mit Michael hatte, der ja fahren musste.
An der Halle angekommen trafen wir einen sehr bleichen Mathias, der Abends im Anschluss an den Pfingstlehrgang seine Dan-Prüfung ablegen wollte.

Irgendwie tat mir das gut. So waren wir nicht die einzigen, die Probleme mit den Nerven hatten. Schnell gingen wir rein und zogen uns um. Als wir die Halle betraten, war ich schwer beeindruckt.

So viele Braun- und Schwarzgurte hatte ich noch nie auf einem Fleck gesehen. Insgesamt würde ich sagen, dass wir locker 120 Karatekas waren. Mindestens 80 davon waren Braun- und Schwarzgurte.
Irgendwie ist es ein tolles Gefühl mit so vielen Gleichgesinnten zusammen zu sein.
Wir wurden in zwei Gruppen aufgeteilt. Die Gruppe bis inkl. Blaugurt wurde in die Nebenhalle verlegt (eigentlich war es die gleiche Halle, aber es wurde eine Abtrennwand heruntergefahren). Dort begannen wir mit lockerem Aufwärmtraining. Plötzlich groll ein Aufstampfen gepaart mit einem donnernden, zigfachen Kiai durch die Halle (offensichtlich war die „ab-Braungurt-Gruppe“ schon weiter als wir). In mir stieg Begeisterung auf. Das war schon cool 70 Hochgraduierte gleichzeitig zu hören. Das wollte ich auch!
Und tatsächlich bekamen wir die Chance als unsere Gruppe ein paar Katas lief. Mit so vielen Leuten gleichzeitig die gleichen Techniken zu machen gibt irgendwie ein ganz tolles Gruppengefühl.
Viel zu schnell war die erste Trainingseinheit rum und wir nutzten die Zeit für eine Pause inkl. Mittagessen vor unserer Prüfung. Auf den Tribünen trafen wir unsere Schwarzgurte Michael, Torsten und Guido und setzen uns dazu, aßen Nudelsalat und sahen der Braun- und Schwarzgurttruppe bei der Trainingseinheit „Dan-Vorbereitung“ zu. Langsam wurde es ernst. Immer wieder ging mein Blick zur Uhr und jedesmal wurde ich etwas nervöser. Ich ärgerte mich schon, dass ich mich zur Prüfung angemeldet hatte. Während Melanie sich angeregt mit den Schwarzgurten unterhielt und sich scheinbar ablenkte, wollte ich eher meine Ruhe haben um einfach noch ein bißchen Zeit für mich zu haben. Also machte ich ein paar Fotos von der Trainingsgruppe.


Irgendwann schien Michael sogar etwas nervös zu werden und schickte uns 20 Minuten vor Beginn der Prüfung runter, damit wir uns in aller Ruhe warm machen konnten. Mich beunruhigte, dass die Halle super Möglichkeiten für Zuschauer bot. Eine Prüfung ist ja schon schlimm genug, aber wenn dir dann auch noch so viele Leute zu schauen (inkl. deiner Trainer)...
Naja, jetzt war es sowieso zu spät, schon ging es los. Und zwar mit Chaos:
Die Prüfung fand in der anderen Hallenhälfte statt als angekündigt. Wir Prüflinge mussten schon in einer Reihe  stehen, bevor überhaupt die Tische aufgebaut waren und die Prüfer da waren. Dann wurden wir in zwei Gruppen aufgeteilt. Melanie und ich waren die Prüflinge mit den niedrigsten Gürtelstufen. Deshalb mussten wir dann unsere Grundschule gemeinsam absolvieren und mussten unserem Prüfer zwischendurch noch mal zeigen, wer jetzt eigentlich von uns was machen sollte. Zum Glück kannten wir beide unser Prüfungsprogramm recht genau.
Ehe ich mich versah, hatte ich die Grundschule hinter mir. Ich war mit mir zufrieden, das freie Training am Samstag hatte noch mal richtig was gebracht und plötzlich war ich auch gar nicht mehr aufgeregt. Wir hatten etwas Zeit zum Verschnaufen, während andere Prüflinge ihr Grundschulprogramm liefen.
Danach waren wir mit Kumite dran. Ich war Melanies Kumite-Partner und das lief soweit ganz gut. Dann war ich doch etwas verblüfft, als unser Prüfer meinte, sie als Orangegurt sollte mit mir mein Kumite zum zweiten Blaugurt machen. Ich erklärte ihr die Techniken und sie schlug sich wacker. (Danke, Melanie, du hast dir auf jeden Fall den Grün-Blauen Gürtel dadurch erarbeitet :-) !)
Für die Partnerübung zum Freikampf angelte ich mir dann einen Braungurt. Die ersten zwei Techniken klappte das super, leider stand ich dabei aber eher mit dem Rücken zum Prüfer, ausgerechnet als wir seitlich zu ihm standen, war mein Konter schlecht und ich viel zu weit weg vom Partner. Das wurde dann auch gleich bemängelt. Naja, ich bekam die Chance die Technik nochmal zu machen und dann war es ok.
Meine Kata musste ich auch wieder mit Melanie zusammen laufen. Der Anfang lief super, aber obwohl ich Michaels Stimme im Kopf hörte: „Mach nicht so ein Kuddelmuddel mit den Händen“ gingen mir die Nerven durch, so dass es eben doch Kuddelmuddel gab. Ärgerlich, aber nicht mehr zu ändern. Glück im Unglück, der Prüfer hatte wohl grad auf Melanie geblickt. Der Rest der Kata lief dann wieder gut.
Und schon war es vorbei. Jetzt mussten wir nur noch aufs Ergebnis warten. Das kam dann nach kurzer Zeit und wir hatten beide bestanden.

Was für eine Erleichterung! Nachdem wir die Gratulation und Urkunde vom Prüfer entgegengenommen hatten fielen wir uns in die Arme. Geschafft! Unsere „Kollegen“ kamen uns entgegen und gratulierten uns freudestrahlend. Michael umarmte uns und wir waren stolz wie Oskar! Und gleichzeitig das Gefühl: „So schlimm war es nun auch wieder nicht!“
Nach einer weiteren Trainingseinheit und einer leider eiskalten Dusche fuhren wir geschafft aber glücklich zurück.

Melanie und ich feierten im Anschluss unsere bestandene Prüfung zusammen mit unseren Männern beim Grillen. Aber schon vor acht war ich so k.O., dass ich fast im Sitzen einschlief und wir fuhren nach Hause. Dort schlief ich quasi sofort ein und ca. 11 Stunden durch.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen