Beitragende

Donnerstag, 19. Januar 2012

"Fremd gegangen"

Gestern habe ich mal endlich mein Versprechen eingelöst und bin mit Sandra zum Ju Jutsu-Training (ich hoffe, dass ist die anerkannte Schreibweise) gegangen. Seit unser Verein ein Budomeeting ausgerichtet hat, trainieren einige Karateka regelmäßig auch Ju Jutsu und umgekehrt. Auch der Ju Jutsu Trainer ist ein regelmäßiger Gast in unserem Training, so dass ich zumindest schon mal wusste, wer mich als Trainer erwartet.
Ich ging erst mal nicht davon aus, dass Ju Jutsu ein Sport für mich ist, hat er doch in meiner Vorstellung, viel mit Fallen, Werfen, Körperkontakt und Nähe zu tun. Aber da ich es hasse, wenn jemand sagt, "Ich mag das nicht" oder "Ich kann das nicht" ohne es jemals probiert zu haben, führte kein Weg an einem ernsthaften Versuch vorbei.
Ohne große Erwartungen, eher mit einem mulmigen Gefühl, zog ich meinen Karateanzug an. Da ich keinen weißen Gürtel mehr besitze, musste ich wohl oder übel mit dem grünen in die Halle. Die Gruppe war sehr übersichtlich und einige bekannte Gesichter vom Karate waren auch dabei. Frisbee-Spielen zum Warm machen fand ich ganz lustig, bei einer so kleinen Gruppe ist das auch gut realisierbar. Bei der Karatetruppe, die deutlich größer ist, hätte das wahrscheinlich Mord und Totschlag gegeben.
Dann ging es mit dem Training los. Die Begrüßung war mit unserer fast identisch. Die erste Übung war dann abrollen über die linke oder rechte Schulter. Fast erstarrt stand ich vor der Matte, denn das habe ich noch nie hin bekommen. Bei den anderen sah das alles so selbstverständlich und einfach aus. Noch bevor ich groß nachdenken konnte, kam Andre, der Trainer, sagte ruhig, dass er mir alles in Ruhe erklären würde. An dieser Stelle möchte ich mal erwähnen, dass ich es hasse, wenn ein Trainer mich wie ein totaler Depp dastehen lässt, auch wenn ich mit meinen körperlichen Unzulänglichkeiten schon genug zu kämpfen habe. Bei Andre kam nicht annähernd das Gefühl auf. Ruhig und mit minimaler Anweisung erklärte er das wesentliche und demonstrierte es. Ließ mir Zeit, mich zu überwinden, drängte mich nicht und gab mir das Gefühl, dass ich es auf jeden Fall schaffen werde. Sandra stellte sich gleich mal solidarisch neben mich und übte mit (obwohl sie das eigentlich schon kann). Und oh Wunder, ich war selbst erstaunt, aber nach wenigen Augenblicken hat es funktioniert. Und ich fühlte mich richtig gut dabei. Dank der Einweisung vom Eisbären gelang mir die nächste Übung, Rolle vorwärts und rückwärts, ohne Schwierigkeiten (Danke Lars, dass du mir die nächste Blamage erspart hast). Dann ging es weiter mit Partnerübungen, wir würden das im Karate einfaches Randori nennen. Mit Sandra probierte ich alle Angriffe und Abwehrtechniken aus. Die Begriffe und Techniken sind etwas anders und Andre korrigierte und erklärte wo es notwendig war. Schön war, dass er uns genug Freiraum ließ, um es für uns aus zu probieren. Vieles übersetzte er in "Karate-Sprache", was es uns zusätzlich erleichterte. Es hat Spaß gemacht, Sandra und ich haben uns ordentlich aus getobt, haben alles ausprobiert und mitgemacht und versucht alles Ju-Jutsu-richtig zu machen (was nicht immer einfach war). Aber der Wille, sich auf etwas Neues einzulassen, war eindeutig da. Ich gehe ja nicht zum Ju Jutsu Training, um meine Karate-Techniken zu trainieren ;-)
Andre ist ein toller Trainer. Er erklärt eher puristisch, aber klar und sachlich, also genau das, was ich brauche. Er scheut sich auch nicht mal anzupacken oder zu demonstrieren, was die Zusammenarbeit enorm erleichtert (Anfassen ist immer eine heikle Sache, aber im Kampfsport eben nicht zu vermeiden). Und er gibt einem nicht das Gefühl, ein totaler Depp zu sein, sondern das alles mit etwas Übung machbar ist.
Ich werde versuchen, nun häufiger zum Ju Jutsu Training zu gehen und hoffe, dass ich das zeitlich irgendwie hin bekomme. Aber ich bin davon überzeugt, das Ju Jutsu mir helfen wird, das richtige Maß an Kraft, Anspannung und Entspannung zu entwickeln. Im Moment agiere ich eher sehr steif, bedingt durch viel Kraft im Oberkörper und zu viel Anspannung.

Der Blick über den Karate-Tellerrand hat sich in jedem Fall gelohnt, wobei ganz klar ist, dass mein Herz immer am Karate hängen wird.

1 Kommentar:

  1. Kleine Korrektur:
    Ein minimaler Anteil Solidarität war vielleicht dabei, als ich mich daneben gestellt habe zum Rolle lernen. Aber der eigentliche Grund war der, dass ich die letzten Wochen immer etwas geschummelt habe. Wenn wir das Abrollen üben, soll man eigentlich immer Links und Rechts abwechseln. Ich kann aber nur Rechts und konnte mich bisher nicht überwinden es auch mal mit Links zu probieren. Deswegen war ich ganz froh, dass ich das am eher ruhigen Mattenrand und unter Andre's Anweisung einfach mal ausprobieren konnte.
    Purer Eigennutz also :-)

    AntwortenLöschen