Beitragende

Dienstag, 27. März 2012

Höhenflüge

Ich kann bevor ich zum Training fahre noch so geschafft sein, sobald ich meine Tasche packe, packt mich die Vorfreude. Auf dem Weg zur Halle drehe ich im Radio noch mal richtig die Musik auf. Die Schritte zwischen Parkplatz und Halle erscheinen mir immer endlos. Beim Betreten des Gebäudes atme ich den modrigen Geruch unserer zugegebenermaßen ziemlich heruntergekommenen Turnhalle ein. Doch das jahrelange Training hat mich wohl schon konditioniert, denn der Geruch lässt mein Herz hüpfen und mein Magen kribbelt aufgeregt. Gleich geht's los!
In Windeseile ziehe ich mich um und freue mich auf die anderen Karatekas.

Mit etwas Glück kann ich mich beim Basketball schon ein wenig austoben. Mit etwas mehr Glück hat der Trainer danach ein Programm, was mir liegt. Mit noch etwas mehr Glück kann ich das Partnertraining mit meinem Lieblingsbraungurt machen.
  
Im letzten Training hatte ich viel Glück :-) !
Nach einem ausgeglichenen Basketballspiel hieß es: Holt eure Faustschützer und noch bevor die erste Technik angesagt war, begann mein Trainingspartner schon mich anzustacheln indem er die ersten Schläge andeutete.

Dann ging's los mit Gjaku-Zuki, das macht besonders viel Spaß, weil man da richtig zuschlagen kann. Mein Partner und ich haben es inzwischen ziemlich gut raus, wie stark wir zuschlagen können, so dass das Gegenüber geradeso stehen bleibt, auch wenn's manchmal schon grenzwertig ist. Naja, ausgeknockt wurde noch keiner, und zu Boden geht selten jemand ;-)
Selbst wenn ich bei jedem Schlag etwas zurücktaumele, mir die Luft wegbleibt und mir der "Wums" durch den ganzen Körper geht, habe ich das Erfolgserlebnis im richtigen Moment meine Bauchmuskeln angespannt zu haben und stehengeblieben zu sein.
Und danach bin ich ja dran. Sitzt mein Schlag gut, höre ich das am Geräusch, das mein Faustschützer auf dem Körper verursacht und sehe das am Gesicht meines Gegenübers.
Wir stacheln uns gegenseitig an und schlagen abwechselnd, immer stärker, meistens bis ich irgendwann lachen muss, oder einer von uns abbricht und durchatmen muss. Es klingt bescheuert, aber das Partnertraining macht mir einfach Spaß. Allerdings bin ich ehrlich gesagt ganz froh, dass ich mir nicht selbst beim Training zusehen kann.

Nach den Gjaku-Zukis zum Warmwerden machten wir noch ein paar andere Kombinationstechniken mit dem Partner wie Uraken und dann Gjaku-Zuki und dann in Kombination mit Fußtechniken. Da kann ich noch nicht so viel Kraft in die Technik legen, denn je komplizierter es wird, desto eher kann auch mal was daneben gehen und da ist so ein heftiger Schlag ganz schnell nicht mehr so lustig.
Trotzdem tasteten wir uns langsam an die Grenze heran, ab der es nicht mehr kontrolliert geht. Und alberten jede Menge dabei rum.

Anschließend liefen wir  noch ein paar Kombinationstechniken mit Kiai, da konnte ich noch mal alles geben. Mittlerweile hatte ich mich schon so ausgetobt, dass ich es gar nicht mehr nötig hatte den Ärger der Woche rauszulassen. Ich war schon weit vom Alltag entfernt und dachte wenn überhaupt nur noch an meine Techniken. Die Halle war recht voll und es macht mir immer besonders Spaß, wenn alle gleichzeitig Kiais machen.
Offensichtlich sieht Michael das genauso, denn zum Abschluss machten wir im Kiba-Datchi noch diverse Zukis jedesmal mit Kiai. Ich konzentrierte mich auf einen tiefen Stand und darauf, die Technik bis zum Ende kraftvoll zu machen, auch wenn nicht mehr allzuviel Kraft übrig war.

Viel zu schnell war das Training zu Ende. Völlig geschafft und durchgeschwitzt verabschiedete ich mich lachend von den anderen Karatekas. Meine Bauchmuskeln meldeten zwar vom Partnertraining noch Erholungsbedarf, aber ich schwankte zufrieden und glücklich in die Umkleidekabine.

Was mache ich denn jetzt drei Wochen lang in den Osterferien ohne Training?

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